„Ein bis zwei Falten am Tag“ lautete in etwa das puritanisch Arbeitspensum das sich Drago Persic während seines Aufenthalts bei soart artists-in-residence im Mai 2013 auferlegte. In derart rigider Konsequenz realisierte Persic ein kleines Ölgemälde auf Papier, dem in Bezug auf die angewandte, malerische Praxis große Bedeutung für spätere Werke zukommen sollte. Besagte Falten bilden einen Vorhang dessen Anfang und Ende lediglich in der Vertikale definiert sind – nach unten, durch einen glänzenden nahezu trompe l’oeil-artig wiedergegebenen Parkettboden, nach oben, durch eine nicht näher bestimmte tiefschwarze Fläche. Seitlich vom Bildrand überschnitten, erscheint die in Falten gelegte textile Bahn als Fragment, das nur wage eine Ecksituation anzudeuten vermag. Um welche Art Raum es sich handelt, bleibt sprichwörtlich im Dunklen. Obwohl das Motiv des Vorhangs etwa die Assoziationen einer Bühne im Dornröschenschlaf evoziert, erscheint eine Belebung der Szenerie kaum vorstellbar. Vielmehr tritt der Vorhang selbst, mit seinen schier unendlichen Faltungen und Entfaltungen, seinen Ein- und Ausstülpungen, Wölbungen und Krümmungen, als der Hauptakteur schlechthin in Erscheinung und beschwört in der Verlebendigung der Materie und in der Affirmation der Divergenz den Geist des Barock, wie ihn Gilles Deleuze in seinem Werk Die Falte. Leibniz und der Barock für die Gegenwart fruchtbar machte. Ein vergleichbares Eigenleben des Materials lässt sich an der Filminstallation malraux / mozart / millstatt beobachten, zu der die Aufnahmen ebenfalls während der Residency entstanden sind. Persic führt hier das „schwellenden und gewundenen Band“ (Deleuze) des Filmstreifens in einer Endlosschleife nicht, wie üblich über fixierte Spulen, sondern lässt ihn in einer eigens angefertigten Plexiglashaube in scheinbarer Eigenregie bizarr-schlängelnde Windungen vollführen. Mit mannigfaltigen Referenzen aufgeladen, vereint der Film einen 360-Grad-Kameraschwenk aus dem soart-Boot vom Mittelpunkt des Millstättersees mit einem Zitat aus Godards Film Weekend (1967), der in einer legendären Sequenz eine Mozart Klaviersonate mit einer Rede Malrauxs und der Kapriole eines dreifachen Rundschwenk kombiniert. Persics’ komplexe Arbeit mäandert geschmeidig zwischen den Medien Malerei, Film und Fotografie und vermag auf paradoxe Weise das vermeintlich Unverbindliche zu verbinden.
Alexandra Hennig